Gerade werden wir überschüttet mit Tipps, wie sich Strom sinnvoll sparen lässt. Also weisen wir Mitarbeitende an, die Bildschirme nicht mehr auf Stand by laufen zu lassen und das Licht abends zu löschen und drehen die Heizung im Büro runter. Und bei all den Bemühungen scheint ein gleichzeitiger Umstieg auf E-Mobilität, der die Einsparungen vermeintlich zu Nichte machen würde, als kompletter Nonsens – oder? Nun nicht wirklich, denn Fahrzeuge mit Verbrennermotoren benötigen ebenfalls einiges an Strom. Zwar nicht direkt für den Antrieb, aber durchaus indirekt. Und zwar nicht zu knapp. Gemeint ist der sogenannte «Graustrom». So wird die Energie bezeichnet, die für die Produktion und den Betrieb von Apparaten und Maschinen benötigt wird.
Wo genau soll ein Vebrennermotor Strom verbrauchen?
Zunächst werfen wir einen Blick auf den Treibstoff: sowohl Benzin als auch Diesel wird aus Erdöl gewonnen. Die dafür verwendeten Verfahren sind äusserst komplex und benötigen ein enormes Ausmass an Strom. Einer der Verfahrensschritte beinhaltet beispielsweise, dass der Grundstoff auf bis zu 400 Grad erhitzt werden muss. Zum hier verbrauchten Graustrom kommt noch ein anderes Problem dazu: beim Erhitzen werden große Mengen an Kohlenstoffdioxid freigesetzt, was unter anderem zur Klimakrise beiträgt. Und Benzin und Diesel sind schliesslich nicht die einzigen Betriebsstoffe, die Verbrennermotoren benötigen. Das gleiche gilt für Schmiermittel oder AdBlue. In Zahlen ausgedrückt: 1 Tonne AdBlue benötigt bei der Herstellung 85-160 kWhA. Hinzu kommt weiterer Stromverbrauch beim Transport, der Produktion von Verpackungsmaterialien und beim Verkauf selbst.
Tanken ohne Strom: ein Ding der Unmöglichkeit
Und damit kommen wir zu einem weiteren «Graustrom»-Baustein: den Tankstellen. Pro Tankstelle werden jährlich um die 200.000 Khw verbraucht. Nicht nur die Tankstellen und Shops, sondern genauso das Tanken selbst. Die Brennstoffe durch die Zapfsäulen zu pumpen ist um einiges energieaufwändiger, als man sich das vorstellt. Eine Flotte aus Verbrennerfahrzeugen fährt also nicht direkt mit Strom, bringt aber einiges an «Graustrom» auf die Firmen-Energiebilanz. Und noch ein wichtiger Punkt: ein Verbrennungsmotor wandelt nicht alle verfügbare Energie sinnvoll in Bewegung um, sondern einen grossen Teil auch in Abwärme. Tatsächlich werden nur 20-40% in Bewegung umgewandelt. Dagegen wird beim E-Motor 90% für Bewegung verwendet, was E-Autos um ein vielfaches energieeffizienter macht.
Abschliessend lässt sich also sagen: Den Umstieg auf E-Mobilität abzulehnen, weil der Strom knapp wird, ist keine legitime Begründung. Die Sachlage ist tatsächlich sehr viel komplexer und bezieht einige Faktoren mit ein. Sich für eine E-Flotte zu entscheiden, muss nach wie vor genau durchdacht und gut überlegt sein und macht – je nach Fahrer:innenprofilen und Unternehmensstrategie – nicht für jedes Unternehmen gleich viel Sinn. Das Argument der Stromknappheit fliesst allerdings hoffentlich in Zukunft nicht mehr in den Entscheidungsweg mit ein.