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Interview mit Yvonne Feri

25.05.21
Feiertage & Events, Interview
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UPTO: Frau Feri Sie setzen sich für Einelternfamilien und deren Anliegen ein. Was sind Ihrer Meinung nach die grössten gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich Alleinerziehende in der Schweiz stellen müssen?

Yvonne Feri: Wie alle Eltern sind auch Alleinerziehende mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Einerseits muss das Kind im Mittelpunkt stehen, anderseits sind auch persönliche Bedürfnisse vorhanden. Eineltern haben mehr mit der Work-Life-Balance zu kämpfen als Zweieltern, aber auch die finanzielle Situation ist oft prekärer. Ebenso stellen sich oft rechtliche Herausforderungen, insbesondere in der ersten Zeit bspw. nach einer Verwitwung. Was mich aber auch beschäftigt ist die Tatsache, dass Alleinerziehende nach wie vor oft Stigmatisierungen ausgesetzt sind. Das darf in einer modernen Gesellschaft einfach nicht mehr sein.

«Wir freuen uns sehr über diese Aktion und bedanken uns für diese Möglichkeit. Einerseits sind unsere Beratungen kostenlos, anderseits leisten wir auch punktuell direkte finanzielle Unterstützung. In beide Projekte fliessen Spenden.»

Yvonne Feri, Geschäftsführerin des Verbandes und Nationalrätin

Neben der Beratung und Unterstützung, engagieren Sie sich auch politisch für gute Rahmenbedingungen für Einelternfamilien. Wie sehen die aktuellen Bedingungen in der Schweiz aus? Was müsste sich Ihrer Meinung nach noch verbessern?

Wir setzen uns stark dafür ein, dass sich die finanzielle Situation für alleinerziehende Eltern verbessert. Wir finden es falsch, dass Eineltern nach wie vor eine der grössten Gruppe von Sozialhilfebeziehende ausmachen, also in die Armut abrutschen. Da braucht es noch neue Modelle – und zwar für beide Eltern. Ebenso soll das Kindswohl immer im Mittelpunkt stehen, sei es bei der Obhut, beim Besuchsrecht, Unterhaltsrecht oder in anderen Gesetzen.

Was bedeutet Gleichstellung für Sie?

Aus meiner Sicht ist die Gleichstellung dann erreicht, wenn wir nicht mehr darüber reden müssen. Wenn alle Geschlechter ihren Lebensweg frei wählen können, ohne regelmässig Hindernisse aus dem Weg räumen zu müssen, wenn wir in Gremien nicht mehr darüber nachdenken müssen, welches Geschlecht unter- oder übervertreten ist, wenn auch Männer ohne Probleme eine Teilzeitanstellung finden und wenn Stigmatisierungen und Stereotypen weniger werden – damit sind nur einige Punkte erwähnt.

Eines Ihrer Ziele ist die finanzielle, gesellschaftliche und rechtlich-politische Gleichstellung von Einelternfamilien zu den Paarfamilien. Wo liegt hier Ihrer Meinung nach noch die grösste Diskrepanz?

Ein grosses Problem ist nach wie vor die ungelöste Situation in Bezug auf die sogenannte Mankoteilung. Das bedeutet, dass die Person, welche zum grösseren Teil die Kinder in Obhut hat, und deswegen nicht genügend Geld zur Existenzsicherung verdient, auf Sozialhilfe angewiesen ist, wenn sich die andere Elternperson nicht am Unterhalt der Kinder beteiligen kann. Ebenso gibt es in vielen Gemeinden in der Schweiz noch nicht genügend Kinderbetreuungsplätze,familienergänzende Tagesstrukturen und v.a. zu wenig flexible Formen, damit betreuende Eltern einem Beruf nachgehen und so finanziell unabhängig sein können. Die psychische Belastung ist oft auch sehr gross. Meines Erachtens braucht es mehr Unterstützung für unseren Verband, sodass wir noch bekannter werden und mehr Beratungen leisten können.

In Ihrer Vision steht der Punkt: «Der SVAMV … gestaltet positive Veränderungen für Einelternfamilien mit.» Können Sie uns eine Erfolgsgeschichte einer solchen positiven Veränderung nennen?

Viele Einelternfamilien sind darauf angewiesen, dass sie Unterhaltsbeiträge, auf die sie Anspruch haben, rechtzeitig und vollständig erhalten, um finanziell über die Runden zu kommen. Der SVAMV hat sich deshalb, zusammen mit anderen Organisationen, stark für eine Verbesserung der Alimentenhilfe eingesetzt. Nächstes Jahr tritt nun eine neue Verordnung in Kraft, die die Inkassohilfe schweizweit verbessert und vereinheitlicht. So können unterhaltsberechtigte Kinder und Eltern in jedem Kanton wirkungsvolle Unterstützung bekommen, wenn die geschuldeten Alimente nicht überwiesen werden.

Wir freuen uns, dass wir Sie mit unserer Spendenaktion «1 (Mutter)tag ist nicht genug» unterstützen können. Wie werden die Gelder bei Ihnen eingesetzt?

Wir freuen uns sehr über diese Aktion und bedanken uns für diese Möglichkeit. Einerseits sind unsere Beratungen kostenlos, anderseits leisten wir auch punktuell direkte finanzielle Unterstützung. In beide Projekte fliessen Spenden, ebenso natürlich auch als Unterstützung der Geschäftsstelle. Wir brauchen eine Administration, Buchhaltung, Marketing und vieles mehr. Das kostet. Deshalb sind wir dankbar für jegliche Unterstützung! Sei dies projektbezogen oder allgemein. Danke!